In jeder Schwangerschaft besteht ein Risiko, dass ein Diabetes bzw. eine Glukosetoleranzstörung (Gestationsdiabetes) auftritt. Nach neuen Zahlen sind davon 13,2 % aller Schwangeren, bei denen eine Untersuchung auf Gestationsdiabetes durchgeführt wurde, betroffen. Dabei ist die Häufigkeit des Gestationsdiabetes deutlich vom Alter abhängig: bei sehr jungen Schwangeren (unter 20 Jahren) liegt die Häufigkeit bei knapp 8 %, bei Frauen über 45 Jahren bei gut 26 %.
Seit 2012 gibt es ein Screening auf Schwangerschafts-Diabetes. Die Mutterschaftsrichtlinien empfehlen, das Screening bei jeder Schwangeren durchzuführen.
Das Screening wird zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche vorgenommen. Die Schwangere trinkt 200 Milliliter Wasser mit 50 Gramm wasserfreier Glukose. Das kann zu jeder Tageszeit erfolgen, und die Schwangere darf vorher etwas gegessen haben. Nach einer Stunde wird der Blutglukosewert bestimmt. Wird ein Wert von 135 mg/dL erreicht oder überschritten, wird danach ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) mit 75 g Glukose durchgeführt. Dieser Test hat die folgenden Grenzwerte: nüchtern 92 mg/dL, nach einer Stunde 180 mg/dL, nach zwei Stunden 153 mg/dL. Wird auch nur einer dieser Grenzwerte überschritten, dann liegt ein Gestationsdiabetes vor.
Wurde die Diagnose eines Gestationsdiabetes gestellt, so wird die Schwangere in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis hinsichtlich ihres Schwangerschaftsdiabetes betreut. Dort erfolgt die Einweisung in die Selbstmessung des Blutzuckers sowie eine Ernährungsberatung und Patientenschulung. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, unter die festgelegten Grenzwerte zu kommen, wird mit einer Insulintherapie begonnen.
Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft wird die Größe des Kindes im Ultraschall regelmäßig kontrolliert, da ein Gestationsdiabetes sowohl ein übermäßiges Wachstum des Kindes als auch eine Wachstumsretardierung verursachen kann.
Bleibt ein Gestationsdiabetes unentdeckt und wird nicht behandelt bzw. erfolgt die Einstellung der Blutzuckerwerte nicht ausreichend gut, gibt es ein erhöhtes Risiko für verschiedene Komplikationen bei der Frau während der Schwangerschaft und unter der Geburt:
- Harnwegs- und Pilzinfektionen
- schwangerschaftsbedingter zu hoher Blutdruck, bzw. Präeklampsie/Eklampsie
- Entbindung per Kaiserschnitt und vaginal-operative Entbindung (z.B. mit Saugglocke)
- Dammriss Grad 3 und 4
- Frühgeburtlichkeit
- schwere Blutung nach/während der Geburt
Längerfristig haben Frauen nach einem Gestationsdiabetes ein deutlich erhöhtes Risiko, später im Leben einen Diabetes zu entwickeln. Außerdem besteht in nachfolgenden Schwangerschaften ein Wiederholungsrisiko für einen Gestationsdiabetes von 20 – 50 %.
Die Kinder sollten nach der Geburt für vier bis sechs Monate voll gestillt werden. In der Schwangerschaft und nach der Geburt bestehen die folgenden Risiken für die Kinder:
- zu starkes Wachstum des Kindes (Makrosomie) mit Gefahr der Schulterdystokie (nach der Geburt des Kopfes bleiben die Schultern stecken)
- Unterzuckerung nach der Geburt, sowie Hypokalzämie (niedriger Calciumspiegel im Blut), Polyglobulie (Zunahme der roten Blutkörperchen mit höherer Blutviskosität = Bluteindickung) und Hyperbilirubinämie (Neugeborenen-Gelbsucht)
- Atemnotsyndrom (Funktionsstörung der Lunge)
- erhöhtes Langzeitrisiko für Übergewicht und Glukosestoffwechselstörungen
Wird der Gestationsdiabetes behandelt und eine gute Einstellung der Blutzuckerwerte erreicht, können die kindlichen und mütterlichen Risiken deutlich reduziert werden.
Die Mutterschaftsrichtlinien – Test auf Schwangerschaftsdiabetes: www.g-ba.de/informationen/richtl…
Das Institut für Diabetesforschung (IDF) bietet einen Rechner, mit dem man das Diabetesrisiko später im Leben nach einem Schwangerschaftsdiabetes berechnen kann: www.helmholtz-muenchen.de/idf/fo…
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